Gehört hatte ich davon schon in der letzten Woche, aber nun liegt eine ausführliche Pressemitteilung der Betroffenen vor. Am 6. September diesen Jahres wurde auf Grund einer richterlichen Anordnung des Amtsgerichtes Konstanz der Anonymisierungsserver des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) durch die Polizei beschlagnahmt. Das alleine halte ich schon für fragwürdig, aber die Krönung ist die Tatsache, dass man beim ULD erstmal nachforschen mußte warum denn der Mix nicht mehr funktioniert. Am 11. September bequemten sich die Behörden dann dem ULD mitzuteilen, dass deren Eigentum beschlagnahmt wurde. Der Beschlagnahmebeschluss kam dann erst nach weiteren zwei Tagen per Post beim ULD an.
Nun ist der vorgeschobene Grund durchaus löblich. Denn die Beschlagnahme wurde im Rahmen des Kampfes gegen Kinderpornographie durch geführt. Nur was will man dann mit einem Anonymisierungsserver? Dieser dient nur als Mix im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geförderten Projektes AN.ON. Dort werden keinerlei Daten gespeichert, er arbeitet als reiner Durchgangsserver. Das Projekt dient, wie vom deutschen Telediensterecht gefordert, der Gewährleistung des Datenschutzes im unsicheren weltweiten Netz und wird auch von vielen Unternehmen zum Schutz vor Wirtschaftsspionage genutzt.
Nach etlichen Scharmützel der Strafverfolgungsbehörden gegen das Projekt in den vergangenen Jahren dürfte auch dem letzten Ermittler bekannt sein wie AN.ON. arbeitet und dass man mit solch einer Aktion nicht zum Ziel kommt, ja sogar kontraproduktiv handelt. Denn es ist durchaus möglichen, wenn man einen richterlichen Beschluß mitbringt, den Netzwerkverkehr zu überwachen. Es wäre also viel sinnvoller gewesen, wenn man sich den Beschluß geholt und dann für ein paar Wochen den Traffic überwacht hätte. Denn dann wäre man den Leuten auf die Spur gekommen. So hat man jetzt ein Stück Hardware in der Asservatenkammer herumstehen, das nur Platz weg nimmt und Staub ansetzt, aber keinerlei verwertbare Spuren birgt.
Es stellt sich also die Frage, was waren die wahren Gründe für die Beschlagnahme? Sollte mal wieder ein Schlag gegen das ungeliebte Projekt geführt werden? Für mich sieht es jedenfalls so aus, dass hier mal wieder ein Nadelstich durchgeführt wurde, um das Projekt zum Straucheln zu bringen. Hier zeigt sich für mich wieder die ganze Paranoia und Perversität der deutschen Strafverfolgungsbehörden. Auf der einen Seite wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gefördert um ein im Teledienstgesetz verbrieftes Recht zu gewährleisten und auf der anderen Seite tut die Exekutive alles, um diese Recht einzuschränken. Mal sehen, wenn sie mit der Begründung „internationaler Terrorismus“ den nächsten Schlag durchführen.
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