Am Donnerstag wurde hier bei uns eine neunzigfache persönliche Katastrophe verkündet. Ein ortsansässiges Unternehmen will sich von 90 Mitarbeitern trennen.
Was das bedeutet, kann man sich vorstellen. Wenn man aber weiß, dass es für mindestens 3/4 der Betroffenen hier in Deutschland keine neue Arbeit geben wird, dann kann man sich vorstellen, dass in den betroffenen Familien die Stimmung auf dem Tiefpunkt ist. Warum es keine Arbeit geben wird??? Der überwiegende Teil der Betroffenen sind Frauen und davon sind wieder viel über 50 Jahre alt und sie haben bisher in der Produktion eines Herrenausstatters gearbeitet.
Die Firma ist in meine Augen schon seit Jahren auf einem absteigenden Ast. Im Grunde liegt es, meiner Meinung nach wie so oft am unflexiblen Management. Denn man es einfach nicht geschafft neue Märkte zu eröffnen. Man hat sich auf der eingefahrenen Schiene bewegt und hat immer schon mit Kündigungen und Restrukturierung auf den geänderten Markt reagiert.
Die Hochzeit der Firma war in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit 4500 Beschäftigten und vollen Auftragsbüchern. Dann kam eine „Pleite“ in den späten siebziger Jahren und ein Wiederbeginn mit 900 Beschäftigten. Davon sind bis jetzt wiederum schon 650 Leute ausgeschieden und nun sollen von den Verbliebenen wieder 90 entlassen werden. Angeblich hat es ein Einbruch beim Absatz gegeben und man würde ja auch viel zu teuer produzieren. Komisch nur, dass die überwiegende Waren schon seit Jahren in „Billiglohnländern“ produziert wird und hier bei uns war nur die Maßkonfektion.
Man hätte vielleicht einfach mal umdenken müssen. So viele Leute gibt es nicht die für einen Anzug 600 Euro oder mehr ausgeben, zumal es sich um eine wenig bekannt Marke handelt. Sicherlich ist es eine recht gute Qualität und sie haben einen treuen Kundenstamm, aber wenn man für gleiches Geld eine so genannte „In-Marke“ kaufen kann, dann macht man das in der Regel. Jedenfalls hat die Geschäftsführung das Ganze natürlich verteidigt und als absolut notwendig dargestellt, übrigens mit Unterstützung der Gewerkschaft….. Es soll auch kein Kahlschlag sein. Man wolle durchaus den Standort erhalten.
Aber was soll das denn? Von den geplanten neunzig gestrichenen Arbeitsplätze werden 80 Beschäftigte die Kündigung bekommen und die restlichen haben wahrscheinlich das Glück, dass sie sich in die Rente retten können. Da ich die Verhältnisse hier kenne, kann ich prognostizieren, dass bestimmt 3/4 der Betroffenen keine vernünftige Arbeit finden und damit das Heer der Arbeitslosen verstärken werden.
Mich wundert ja, dass überhaupt noch ein einziges Kleidungsstück in Deutschland hergestellt wurde. „Flexibilität“ hätte doch hier nur bedeutet, die Produktion schon früher nach Asien zu verlagern… Es ist schon ziemlich hoffnungslos.